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Genetik und Vererbung verstehen

Das Thema Genetik und Vererbung ist nicht ganz einfach. Um zu erklären, wie Hämophilie vererbt wird, sind einige Fachbegriffe unumgänglich – DNA, Gene, Chromosomen, rezessive und dominante Vererbung etc. –, aber nicht jeder erinnert sich an all diese Begriffe aus dem Biologieunterricht. Auf dieser Seite bieten wir Ihnen das Basiswissen, das Sie benötigen, um die Vererbung der Hämophilie besser zu verstehen.

Was sind DNA und Gene?

Die DNA ist eine lange Kette aus Nukleinsäuren, die genetische Informationen codiert. Dafür werden vier unterschiedliche Stoffe verwendet: Adenin (A), Thymin (T), Guanin (G) und Cytosin (C). Diese Stoffe sind sozusagen die Buchstaben, in denen unsere Erbinformationen geschrieben werden. Gene sind eine Aneinanderreihung dieser Buchstaben, die unserem Körper bestimmte Anweisungen geben, z. B. wie ein bestimmtes Protein im Körper gebildet werden soll. Vereinfacht ausgedrückt könnte z. B. „AAT“ an einer bestimmten Stelle unserer DNA für braune Haare stehen, während „ATT“ für blonde Haare steht. (Hinweis: Dieses Beispiel ist extrem vereinfacht und entspricht nicht der Realität, wie Haarfarbe wirklich vererbt wird.)

Einfacher:
Die DNA ist eine lange Kette aus Buchstaben. Gene sind Wörter und Sätze, die mit diesen Buchstaben geschrieben werden.


 

Chromosomen und Chromosomenpaare

Unsere DNA liegt nicht in einem einzelnen langen Strang vor, sondern in mehreren langen DNA-Strängen, den Chromosomen. Ein Chromosom ist also ein langer DNA-Faden, der Hunderte bis viele Tausende an Genen enthält.
Menschen haben 23 Chromosomenpaare (siehe Bild rechts), d. h. sie haben insgesamt 46 Chromosomen. In jedem unserer Chromosomenpaare stammt dabei ein Chromosom von unserer Mutter und ein Chromosom von unserem Vater.
Beispiel: Auf dem Chromosomenpaar 9 werden Gene für die Blutgruppe vererbt. Ein Kind, das von der Mutter ein Chromosom mit dem Gen für Blutgruppe A erbt, aber vom Vater ein Chromosom mit dem Gen für Blutgruppe B, hat selbst die Blutgruppe AB.

Gleichrangige und dominante-rezessive Vererbung

Da wir jedes Chromosom doppelt haben, haben wir auch jedes Gen doppelt – eines von unserem Vater, eines von der Mutter. Erst die Kombination dieser beiden Gene legt fest, welche Merkmale wir selbst wirklich haben. Dabei gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Arten, wie die Gene unserer Eltern kombiniert werden: die gleichrangige Vererbung und die dominant-rezessive Vererbung.

Gleichrangige Vererbung

Bei der gleichrangingen Vererbung tragen das Gen des Vaters und das Gen der Mutter etwa zu gleichen Teilen dazu bei, wie sich ein Merkmal bei uns ausprägt. Das Ergebnis ist eine Art Mischung. Ein gutes Beispiel hatten wir bereits mit der Blutgruppe im Abschnitt Chromosomen und Chromosomenpaare. Vererbt ein Elternteil Blutgruppe A und das andere Elternteil Blutgruppe B, hat das Kind die Blutgruppe AB.

 

Dominant-rezessive Vererbung

Bei der dominant-rezessiven Vererbung setzt sich ein Merkmal durch und überschreibt das andere. Ein gutes Beispiel ist die Augenfarbe. Braune Augen sind gegenüber blauen Augen ein dominantes Merkmal, d. h. wenn ein Elternteil Gene für braune Augen vererbt und das andere Elternteil Gene für blaue Augen, dann hat das Kind braune Augen. Nur Kinder, die von beiden Eltern das Gen für blaue Augen erhalten, haben auch wirklich blaue Augen.

Interessant daran ist, dass Menschen mit braunen Augen trotzdem ein Gen für blaue Augen tragen können, dieses aber von dem Gen für braune Augen ausgeschaltet wird. Dennoch können sie das rezessive Gen für blaue Augen an ihre Kinder weitergeben. Das bedeutet: Auch wenn beide Eltern braune Augen haben, kann ihr Kind blaue Augen haben, wenn beide Elternteile das rezessive Gen weitergeben.
 

 

Geschlechtschromosomen

Unter unseren 23 Chromosomenpaaren ist ein Chromosomenpaar, das sich von den anderen unterscheidet – es enthält die sogenannten Geschlechtschromosomen. Wie der Name schon sagt, bestimmen diese das Geschlecht eines Menschen. Frauen haben zwei X-Chromosomen, eines von ihrer Mutter und eines von ihrem Vater. Männer haben ein Y-Chromosom und ein X-Chromosom. Das Y-Chromosom erben sie immer von ihrem Vater und das X-Chromosom immer von ihrer Mutter. 

Dies ist für die Hämophilie bedeutsam, da die Hämophilie rezessiv über das X-Chromosom vererbt wird.

Hämophilie A und B: X-chromosomale, rezessive Vererbung

Hämophilie A und Hämophilie B werden durch Defekte auf dem X-Chromosom verursacht. Da Hämophilie ein rezessives Merkmal ist, leiden Frauen, die ein X-Chromosom mit dem Gendefekt erben, in der Regel nicht an Hämophilie: Sie haben ein gesundes Gen auf ihrem anderen X-Chromosom, das die Hämophilie unterdrückt, ähnlich wie braune Augen sich gegen blaue Augen durchsetzen. Männer hingegen haben kein zweites X-Chromosom. Daher leiden alle Männer, die das defekte Gen erben, auch an Hämophilie.

Frauen, die ein X-Chromosom mit dem Defekt für Hämophilie besitzen, geben in 50 % der Fälle das defekte X-Chromosom an ihre Kinder weiter. Da solche Frauen die Krankheit weitergeben, aber meist nicht selbst erkranken, werden sie in der medizinischen Fachsprache auch Konduktorinnen genannt (wörtlich: Überträgerinnen). Männer haben nur ein X-Chromosom. Trägt dieses den Defekt für Hämophilie, erkranken sie auch daran. Alle Töchter Hämophilie-kranker Männer sind Konduktorinnen. Söhne erhalten nicht das X-Chromosom, sondern das Y-Chromosom ihres Vaters, daher erben sie die Hämophilie nicht.

Hämophilie bei Frauen und Mädchen. Das Problem mit einfachen Erklärungen.

Die meisten Mädchen und Frauen, die den Defekt für Hämophilie auf einem X-Chromosom tragen, erkranken aus den oben beschriebenen Gründen nicht selbst an Hämophilie. Dies gilt aber nicht in allen Fällen. Wir stellen auf dieser Seite wichtige Grundlagen und Begriffe vor, mit denen Sie die Vererbung von Hämophilie besser verstehen können, aber die menschliche Biologie ist in der Realität erheblich komplexer, als wir es hier darstellen können. Obwohl Hämophilie rezessiv auf dem X-Chromosom vererbt wird, kann es aus einer Vielzahl von Gründen dennoch dazu kommen, dass eine weibliche Person mehr oder weniger schwer von einer Hämophilie betroffen ist.

Mehr zum Thema finden Sie auch auf unserer Ratgeber-Seite Konduktorinnen
 

Von-Willebrand-Syndrom: autosomale Vererbung

Das Von-Willebrand-Syndrom wird anders als Hämophilie A und Hämophilie B autosomal vererbt, d. h. nicht über ein Geschlechtschromosom, sondern über eines der 22 anderen Chromosomenpaare, die für Mann und Frau gleich sind. Daher sind Männer und Frauen gleichermaßen vom Von-Willebrand-Syndrom betroffen.

Das Von Willebrand-Syndrom tritt in verschiedenen Ausprägungen und Schweregraden auf, je nachdem auf welchen Gendefekt es zurückgeht. Typ 1 des Von Willebrand-Syndroms wird dominant vererbt, d. h. die Krankheit tritt auch dann auf, wenn nur ein Elternteil ein defektes Gen weitergibt. Typ 2 und Typ 3 des Von-Willebrand-Syndroms werden rezessiv vererbt, die Krankheit tritt also nur dann auf, wenn beide Elternteile ein Chromosom mit dem entsprechenden defekten Gen an ihr Kind weitergeben.

Autor

Susanne Ritter 
Christiane Wiemann

Redaktionelle Bearbeitung

Jenny Tremmel

Erstellungs-/Änderungsdatum

12.08.2021 /

MEDIZINISCHER EXPERTE

Prof. Dr. Florian Langer
Leiter des Bereichs Hämostaseologie 
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf 

Website der Gerinnungs-Ambulanz/ Klinikum

Foto © / UNIVERSITÄTSKLINIKUM HAMBURG-EPPENDORF

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