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Hämophilie-Patienten Interview

Veröffentlicht: 15.7.2022 Autor: Linus Thema: Hämophilie Tags: #Hämophilie#Nützliches#interview

So war es, im 20. Jahrhundert mit Hämophilie aufzuwachsen


Ulf S. ist 72 Jahre alt und leidet an einer leichten Hämophilie. In seinem langen Leben als
Patient hat er schon Vieles erlebt. Auf Einiges hätte er im Rückblick lieber verzichtet. Im Interview
erzählt er Linus, wie es war, im 20. Jahrhundert mit Hämophilie aufzuwachsen und zu leben – und
was sich mit der Zeit verändert hat.

Linus: Herr S., Sie sind im Jahre 1950 geboren worden. Wie haben Sie damals von Ihrer Hämophilie erfahren?

Ulf S.: Als Kind bekam ich dicke Blutergüsse, wenn ich spielte. Mir war klar, dass ich anders war als die anderen Jungs. Meine Mutter wusste, dass da etwas in der Familie war. Aber was genau und wie man damit umgeht, das wusste Sie nicht. Dass ich unter Hämophilie leide, habe ich erst mit 15 Jahren erfahren. Ich war damals bei einem Professor in Kiel. Der empfahl mir, dass ich nicht mehr am Sportunterricht teilnehmen sollte. Das habe ich die letzten zwei Jahre in der Schule auch getan.

Linus: Welche Rolle spielte die Hämophilie während ihrer Schulzeit?

Ulf S.: Ich bin immer gehänselt worden, weil ich klein und schmächtig war und nicht am Sportunterricht teilgenommen habe. Wenn es darum ging, Fußballmannschaften zu wählen, war ich immer einer der Letzten. Wenn ich gefoult wurde, hatte ich direkt einen dicken Klumpen am Bein. Deshalb war ich immer vorsichtig.

Linus: Wussten Ihre Mitschüler von Ihrer Hämophilie?

Ulf S.: Nein, das wussten sie nicht. Ich habe mich ein bisschen dafür geschämt. Dass ich so krank gewesen sein sollte, dass ich nicht am Sportunterricht teilnehmen konnte, das hätte damals doch kein Junge verstanden.

Linus: Was gab es damals für Behandlungen für Hämophile?

Ulf S.: In Kiel bekam ich einen Unfallausweis, der belegte, dass ich an Hämophilie A leide und was im Falle einer Blutung getan werden sollte. Mir wurde nur gesagt, dass ich aufpassen solle und im Falle einer Blutung mit Faktor VIII versorgt werden muss. Wenn ich eine starke Blutung hatte, wurde ich einmal versorgt.

Linus: Gab es Freizeitangebote?

Ulf S.: Nein. Ich hatte keinen Kontakt zu anderen Hämophilen. Später bin ich der Deutschen Hämophiliegesellschaft beigetreten. Die hatten immer mal wieder Angebote. Mit meiner leichten Hämophilie hatte ich allerdings nie das Bedürfnis, mich auszutauschen.

Linus: Kannten sich die Ärzte damals mit Hämophilie aus?

Ulf S.: Überhaupt nicht. Mit 21 Jahren hatte ich einen Unfall und kam ins Krankenhaus. Das war in den Siebzigern. Die Chefärzte wussten gar nicht, worum es ging. Ich hatte erzählt, was ich in Kiel erfahren hatte. Die haben das nur am Rande wahrgenommen. Nach dem Motto: Wir haben Medizin studiert, wir wissen was los ist. Das war noch die Generation „Götter in Weiß“. Die meinten, sie hätten alles im Griff. Aber sie hatten nichts im Griff, weil ich damals nicht richtig versorgt worden bin. 
Auch später hat das keiner so richtig ernstgenommen: Ach, leichte Hämophilie, na das kriegen wir auch so in den Griff. Oder: Leichte Hämophilie, da brauchen wir ja vielleicht nur einmal 1.500 Einheiten geben, dann ist auch gut. Aber dass es genauso bluten kann und versorgt werden muss, obwohl es eine leichte Hämophilie ist, das ist vielen nicht bewusst gewesen.

 

"Mit 21 Jahren hatte ich einen Unfall und kam ins Krankenhaus. Das war in den Siebzigern. Die Chefärzte wussten gar nicht, worum es ging"

 

Linus: Wie war es im Berufsleben?

Ulf S.: Ich habe Immobilienkaufmann gelernt. Das habe ich zwanzig Jahre lang gemacht. Dann war ich 13 Jahre lang Geschäftsführer einer sozialdiakonischen Einrichtung. Das war eine Bürotätigkeit, keine anstrengende Arbeit. Ich weiß nicht mehr, ob ich meine Hämophilie bekannt gemacht hatte. Nachteile gab es dadurch jedenfalls keine.

Linus: Wie gehen die Ärzte heute mit Ihrer Hämophilie um? Was hat sich verändert?

Ulf S.: Die neuen Ärzte, die ich vor – sagen wir mal – 15 Jahren kennengelernt habe, haben ein ganz anderes Verhältnis zu dieser Erkrankung und zu ihren Patienten. Die sind nicht mehr so überheblich. Die sagen teilweise: Sie wissen doch besser Bescheid als ich, erzählen Sie mir mal. Das finde ich ganz beruhigend. Ich bin guter Hoffnung, dass sich alles zum Vorteil der Patienten ändert.

Linus: Heutzutage lassen Sie sich in Ihrem Zuhause von einer Krankenschwester unterstützen. Was waren die Beweggründe, den Service anzunehmen?

Ulf S.: Frei zu sein von Terminen, die ich mit der Uniklinik abzustimmen habe. Gerade jetzt, in Zeiten der Corona-Pandemie, ist im Krankenhaus ein ganz langer Weg nötig: Es gibt verschiedene Schleusen, durch die ich muss. Anmeldungen hier und dort. Das dauert eine Dreiviertelstunde, bis ich zu meinem Arzt vorgedrungen bin. So war ich dankbar, dass er den Service von HaemoCare at Home ins Gespräch gebracht hat.

Linus: Was macht die Krankenschwester mit Ihnen?
Ulf S.: Frau Ritter hat sich intensiv um Informationen über mich bemüht und mir gezeigt, wie gespritzt wird. Das hat sie ganz wunderbar gemacht. Ich bin sehr froh, dass sie mir zur Verfügung steht.

Linus: Was gefällt Ihnen am besten an dem Service?
Ulf S.: Dass ich nun frei bin, mir den Faktor selbst spritzen zu können. Das ist das Allerbeste. Dass ich keine Termine mehr machen muss, um Injektionen betteln muss. Ich habe alles hier und kann mich im erforderlichen Falle selbst versorgen. Es geht um Selbstständigkeit.

Linus: Vielen Dank dafür, dass Sie Ihre Erfahrungen mit uns geteilt haben.

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