Gentherapie – tut sich da was?
Eine Heilung von Hämophilie, das wäre was.
Für meinen Großvater, der seinerzeit selbst an Hämophilie litt und der sich einen Großteil seines Lebens mit ahnungslosen Ärzten und fragwürdigen Behandlungsmethoden herumschlug, wäre das eine unglaubliche Aussicht gewesen. Vor einigen Jahren noch hätte ich noch nicht daran geglaubt, aber: Für mich, seinen Enkel, ist die Befreiung von Hämophilie kein bloßer Traum mehr.
Seit nunmehr zwanzig Jahren spricht man unter Patienten und Ärzten von einer Heilsbringerin: von der Gentherapie. Ihre Prophezeiung verspricht nicht weniger als die Heilung von Hämophilie, ein für alle Mal.
Wie funktionert Gentherapie, wie ist der Stand der Forschung, wann kann man mit ihrem Einsatz rechnen?
Bei der Gentherapie der Hämophilie statten Mediziner die Zellen eines Patienten mit der Fähigkeit aus, funktionsfähigen Gerinnungsfaktor zu bilden. Leidet dieser Patient nämlich an Hämophilie, können seine Zellen dies nicht – der Grund ist ein fehlerhaftes Gen. Die Ärzte müssen dieses Gen durch ein gesundes, also voll funktionstüchtiges Faktor-Genom ersetzen.
Dafür reicht schon eine einmalige Infusion: In die Leber, wo der Faktor für die Blutgerinnung entsteht, schleusen die Mediziner ein harmloses Virus. Dieses Virus transportiert neues Erbgut, das neue Faktor-Gen. Das wiederum besitzt die Informationen, die es braucht, um den fehlenden Faktor im Blut herzustellen.
Ob die Gentherapie schon in wenigen Jahren als Standardverfahren gelten wird, hängt vor allem von zwei Aspekten ab: Zu allererst, natürlich, wie gut sie funktioniert. Aber auch davon, ob es Nebenwirkungen gibt, wie viele und wie gut sie zu behandeln sind. So zeigen zeigen sich in laufenden Studien etwa erhöhte Leberwerte, die man aber mit einer zeitlich befristeten Cortisondosis therapieren kann.
Je optimaler also die Wirkung und je geringer die Nebenwirkungen, umso mehr Patienten kommen für eine Gentherapie in Frage und umso schneller wird die Gentherapie zum Standard. Die Mediziner zeigen sich bereits zuversichtlich – die Technik bei den Gentherapien hat sich in den letzten zwanzig Jahren rasant entwickelt.
Bereits in den nächsten fünf Jahren, so glauben Forscher, könnte man mit ausgefeilten Gentherapien starten. Das wird dann Patienten betreffen, die den Versuch wirklich wagen wollen und das „Risiko“ einer neuen Therapieform, das dann noch besteht, mittragen. In zehn Jahren dann sind die Techniken noch ausgereifter – und Kinder mit einer Hämophilie könnten vielleicht sofort therapiert werden. Sie würden eine Gentherapie erhalten und dann nie wieder über diese Krankheit reden.
Ich hätte meinem Großvater gewünscht, dass er das noch miterlebt. Leider ist er schon seit einigen Jahren nicht mehr bei uns. Ich denke aber: Er würde sich für mich freuen, und für alle Menschen, die heute noch an Hämophilie leiden.