Die Macht der Gewohnheit
Ein Abschied
Das hier ist ein Abschied. Ein Lebewohl von einem alten Gefährten, einem verlässlichen Begleiter: Ich habe mich von meinem Präparat getrennt. Studien darüber kenne ich keine, meine Erfahrung aber sagt mir, dass es vielen Menschen mit Hämophilie ähnlich geht: So etwas passiert selten.
Wie jeder Abschied ist auch dieser etwas Besonderes – mein Präparat und ich, wir waren viele Jahre lang ein eingespieltes Team. Wieso hätte ich auch wechseln sollen? Es war bequem, ich hatte mich eingerichtet. Wahrscheinlich ist das so etwas wie die Macht der Gewohnheit. Hat man sich erst einmal mit dem System eines Produkts arrangiert, bleibt man ihm treu, mitunter jahrzehntelang. Man sagt doch: Never change a winning team.
Neue Präparate und Veränderungen
Lange tat sich in Forschung und Entwicklung von Faktorpräparaten sowieso wenig. Mein Arzt riet mir, dass sich der Wechsel nicht lohne, der Schritt schien zu klein. Inzwischen haben sich die Dinge geändert. Was lange perfekt funktionierte, ist heute überholt: Mein liebgewonnenes Präparat, früher ein Neuwagen, ist nun ein Oldtimer. Neue, bessere Produkte drängen auf den Markt.
Das Verkaufsargument der Newcomer: Verlängerte Halbwertszeit. Vereinfacht gesagt heißt das, dass sie länger wirken. Der Körper baut den Faktor langsamer ab. Und in den kommenden Jahren können wir noch bessere Präparate erwarten.
Mein Abschied war deshalb nicht so schwer, manchmal ist es eben an der Zeit. Das neue Medikament wirkt deutlich besser. Auch das System zum Aufziehen des Faktors ist kinderleicht, und produziert dazu noch weniger Müll. Auch braucht man keine Angst vor Bürokratie oder dutzenden Arztterminen während des Umstiegs zu haben.
Also, mach’s gut, alter Freund!